In Kooperation mit der Asklepios Klinik in Barmbek behandeln wir gemeinsam mit Physiotherapeuten, Logopäden und Ärzten die Klienten, die sich dort in die Parkinson Komplexbehandlung eingeschrieben haben. Initiiert wurde diese interdisziplinäre Zusammenarbeit von Herrn Prof. Urban.
In unserer Praxis in der Saarlandstraße, in Jork und in Stade behandeln wir Menschen, die an Parkinson erkrankt sind, zumeist mit 45-minütigen neurologisch orientierten Behandlungen (sensomotorisch perzeptiven Behandlungen).
Trotz Fortschritten in der Forschung ist Morbus Parkinson bis heute nicht heilbar. Mit Therapiekonzepten wird versucht, die Symptome der Erkrankung zu behandeln und damit die Beeinträchtigung der Betroffenen so gering wie möglich zu halten. Professor Dr. Andres Ceballos-Baumann, Chefarzt im Neurologischen Krankenhaus München, Zentrum für Parkinson-Syndrome und Bewegungsstörungen, erläutert im Interview, wie Ergotherapie bei Morbus Parkinson helfen kann, die Selbstständigkeit der Patienten so lange wie möglich zu erhalten.
Ich halte Ergotherapie für sehr wichtig in der Behandlung der chronisch kranken Parkinson-Patienten. Ähnlich wie bei der Behandlung von Schlaganfall-Patienten hat die Ergotherapie gezeigt, dass sie für die Betroffenen die Teilnahme am Leben erleichtern und ihre Lebensqualität verbessern kann. Sie ist auf praktische, symptomorientierte Problembewältigung im Alltag und sozialen Umfeld ausgerichtet, was für die Patienten einen enorm hohen Stellenwert hat.
Aus meiner Erfahrung weiß ich, wie wichtig das Training im Alltag ist. Die Patienten müssen das in der Therapie Gelernte außerhalb des Krankenhauses anwenden, beispielsweise in eine Straßenbahn steigen und einkaufen gehen. Durch die große Überlappung von Parkinson und Demenz bekommen Wahrnehmungs- und Gedächtnistraining sowie die Schulung des Sozialverhaltens als Domäne der Ergotherapie einen neuen Stellenwert. Für uns Behandelnde haben die Vor-Ort-Übungen vor allem prognostische Bedeutung: Ist der Patient nach der Krankenhausentlassung in der Lage, alleine zu leben? Außerdem tragen die Erfahrungen außerhalb des Krankenhauses zum Angstabbau bei. Viele Patienten fürchten sich vor Stürzen und sind dadurch immobilisiert. Es entsteht ein Circulus Vitiosus: Die Angst führt zu Immobilität, die eine tatsächliche Verschlechterung der Muskel- und Kreislaufsituation zur Folge hat, was wiederum die Angst verstärkt. Dagegen helfen Übungen im persönlichen Umfeld des Patienten. Er muss wieder Selbstvertrauen bekommen, sich z.B. in der Küche zurechtfinden und die entsprechenden Schritte und Handgriffe erlernen. Auch Kompensations- und Ersatzstrategien, Hilfsmittelversorgung oder Wohnraum- und Arbeitsplatzanpassung können helfen. In diesem Kontext ein ökonomischer Aspekt: Umbaumaßnahmen in den eigenen vier Wänden können die Kosten im Gesundheitssystem reduzieren.
Dies kann man gut an der Thematik Sturz verdeutlichen. Die Angehörigen sind hier häufig verunsichert: Wie soll ich damit umgehen? Was kann ich tun? Wie verhalte ich mich richtig? Bei uns in der Klinik bietet die Ergotherapie zusammen mit der Physiotherapie Angehörigen-Workshops zum Thema: „Was tun bei Gangstörungen, Stürzen oder Unbeweglichkeit?“ an. Die konkrete Beschäftigung mit der Krankheit und das Erarbeiten von Lösungsansätzen hilft Angehörigen im Umgang mit dem betroffenen Familienmitglied.
Die Ergotherapie soll den Übergang vom Klinikaufenthalt in den Alltag für den Patienten so einfach wie möglich machen und dabei die maximale Lebensqualität aufrechterhalten.
Ich weiß durch die Deutsche Parkinson-Vereinigung, dass niedergelassene Ärzte bei der Verordnung von Ergotherapie zum Teil sehr zurückhaltend sind. Das liegt in erster Linie daran, dass die niedergelassenen Kollegen Angst vor Regressforderungen haben. Auf der anderen Seite besteht hier Aufklärungs- und Informationsbedarf. Genauso wie ein Neurologe weiß, wie viel Dopaminersatzstoffe er wann zu verabreichen hat, sollte er wissen, wann und für welche Patienten Ergotherapie zu verordnen ist.
Es laufen aktuelle Studien, allerdings vor allem in England und Holland. Schwierig gestaltet sich die Finanzierung von Studien. Hier sollten die öffentliche Hand oder die Krankenkassen einspringen, die ja daran interessiert sein müssten, möglichst kosteneffizient zu behandeln und gleichzeitig mehr Lebensqualität für die Patienten zu gewinnen.